TON-KUPPEL

2005. © Atelier Leitner

Die im Krieg zerstörte Kuppel der Parochialkirche Berlin Mitte wurde durch einen offenen Dachstuhl ersetzt. Als ein Projekt der Singuhr-Hörgalerie in Parochial-Berlin im Jahr 2005 war es die Intention, den Kirchenraum auf Zeit mit akustischen Mitteln einzuwölben. Einwölben als obere Begrenzung eines akustischen Vertikalraumes, einer räumlich-vertikalen Klangbewegung. In der Ton-Raum-Komposition steigt der Ton vom Boden in das mächtige Gebälk auf, entfaltet sich aus dort montierten Lautsprechern zu einer virtuellen Kuppel und sinkt wieder in der Achse des Kirchenraumes zu Boden. (Im zentral platziertem Zylinder-Objekt ist eine der beiden Ton-Quellen der Zwei-Kanal-Komposition eingebaut).

Das Klangmaterial war dem in der Ton-Raum-Komposition für die Kollegienkirche in Salzburg (1996) verwendeten ähnlich: ein Posaunenton hebt mit einem kurzen, kräftigen Akzent aus der Mitte des Raumes ab, schwillt nach dem raschen Aufsteigen im verlängerten Nachhall kräftig an, um sich so zu einer Ton-Kuppel zu entfalten. Ein Posaunenstoss setzt im Gebälk ein und richtet räumlich absinkend die Vertikale nach unten, stösst sich in der Ton-Bewegung wieder von unten ab, um sich wiederum als akustisch-imaginäre Kuppel zu manifestieren und im nachhalllosen Dachstuhl über die Dauer von 48 Sekunden zu verhallen. Mit dieser Art von Klangbearbeitung erhebt sich eine weite Kuppel über dem Raum, wohl mächtiger für die Zeit ihrer akustischen Erscheinung - als die im Krieg zerstörte Kuppel der Parochialkirche, die man nur noch auf alten Fotos sehen, aber nicht mehr physisch spüren kann.